Buchstabengetreu

Ao pé da letra - unter dieser Rubrik beklagte António Guerreiro im Expresso (Heft Expresso actual, S.33) vom Wochenende (4.April) das Ende des Jornalismus im Detail der mangelnden Buchstabentreue. Meine Lektüre dieser Klage zielt in eine andere Richtung, denn ich frage mich: Ist es reiner Zufall, dass die zwei von Guerreiro ins Feld geführten Beispiele die im Portugiesischen verfälschte Zitate von (nicht ausschliesslich) deutschsprachigen Autoren betreffen: Paul Celan und Walter Benjamin.
Wenn António Guerreiro schreibt "Por trás destes descuidos está o pressuposto funesto de que o leitor é ignorante e nem ousa querer sair desse estado de menoridade" - was by the way Kants Sentenz zur Frage "Was ist Aufklärung?" adaptiert, dann frage ich mich, inwieweit diese Ignoranz schlicht (auch) die Verbreitung der deutschen Sprache in Portugal betrifft. Gehört das Deutsche noch zum normalen Bildungsrepertoire der älteren Generation des portugiesischen (Kultur-)Journalismus, kann man dies für die jüngere Generation nicht mehr so behaupten. Muss man damit am Journalismus zweifeln? Oder an der Kultur europäischer Vielsprachigkeit? Niemand würde zum Beispiel nachprüfen, ob Dostoevskij nach dem russischen Original richtig zitiert wurde, oder?

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