Kuriose Verbindungen
«Warte Bursche, ich will dich schon kriegen!» –
Man sagt, das Wort Bursche oder Bursch (pl. Burschen) leite sich von lateinisch bursa für ‚Beutel‘ ab, und bezeichnet ursprünglich allgemein eine finanzielle Gemeinschaft (man sagt ja auch Geldbörse). Daher verwendete man das Wort für Stipendiaten. Dieselbe Bedeutung liegt auch der Börse, der finanziellen Interessengemeinschaft, zugrunde.
Man sagt, das Wort Bursche oder Bursch (pl. Burschen) leite sich von lateinisch bursa für ‚Beutel‘ ab, und bezeichnet ursprünglich allgemein eine finanzielle Gemeinschaft (man sagt ja auch Geldbörse). Daher verwendete man das Wort für Stipendiaten. Dieselbe Bedeutung liegt auch der Börse, der finanziellen Interessengemeinschaft, zugrunde.
Das ist interessant, wenn man an das
Portugiesische denkt, denn auch hier bezeichnet man mit dem Wort bolsa nicht nur die Börse (Institution) und
den Geldbeutel (synonym zu carteira
und porta-moedas) sondern auch das Stipendium für den Studenten. Der
Stipendiat heisst also bis auf den heutigen Tag o bolseiro, der somit – wer hätte es gedacht – entfernt mit dem
deutschen Burschen verwandt ist.
Im 17.Jahrhundert wurde der Bursch(e) allgemeiner Ausdruck für einen Studenten, beinahe
synonym. Während der Ausdruck Student
(im Portugiesischen: estudante, aber man kann auch aluno sagen) mehr
auf den Aspekt des Studierendens abhebt, drückt Bursch(e) eher die Lebensart der Studenten in ihrer Freizeit und
die damit verbundene sehr spezielle Kultur aus. Als „echter Bursch“ galt nur,
wer sich in den Sitten und Gebräuchen der Studenten auskannte.
Noch zu Beginn des 19.Jahrhunderts galt das Wort Burschenschaft für Studentenschaft, wie man aus
Reden auf dem Wartburgfest 1817
ersehen kann.
In der Studentensprache des 19. Jahrhunderts wird
der Begriff Bursche eingeengt auf eine Bezeichnung für ein
Vollmitglied einer Studentenverbindung, der seine Probezeit als Fuchs bzw. Fux (im
Portugiesischen entsprechend: caloiro)
erfolgreich hinter sich gebracht hat. Dabei muss diese Studentenverbindung
keine Burschenschaft im strengen
Sinne sein, das heisst eine Organisation die den Werte und Grundsätze der Urburschenschaft von Jena
(1815) folgt.
Hier wird es schon schwierig, im Portugiesischen Vergleichbares zu finden, denn jede Universität hat hier eine einzige Associação Académica, in die sich die Studenten gleich nach der Immatrikulation einschreiben (nicht zwingend). Dadurch gewinnt sie Charakter und übernimmt Funktionen, die an deutschen Universitäten vom jeweiligen Studentenwerk erfüllt werden.
Hier wird es schon schwierig, im Portugiesischen Vergleichbares zu finden, denn jede Universität hat hier eine einzige Associação Académica, in die sich die Studenten gleich nach der Immatrikulation einschreiben (nicht zwingend). Dadurch gewinnt sie Charakter und übernimmt Funktionen, die an deutschen Universitäten vom jeweiligen Studentenwerk erfüllt werden.
Die Rituale der Initiation in die universitäre
Gemeinschaft werden in der sogenannten praxe
(lat. praxis) vollzogen, veranstaltet
von associações de praxe, die für
jeden Studiengang und / oder Fakultät spezifisch sind, aber einem für die gesamte
jeweilige Hochschule gültigen código de
praxe gehorchen. Da diese Rituale auch im öffentlichen Raum ausserhalb des
Campus vollzogen werden, sind sie weitaus präsenter und daher für deutsche
Augen befremdlicher als diejenigen der Burschenschaften, die selten in die
Öffentlichkeit treten und nur an deutschen Universitäten mit Traditionen des
19. Jahrhunderts durch die Vereinshäuser usw. mehr oder weniger auffallen.
Trotz dieser Unterschiede gibt es auch kuriose
Verbindungen: zu nennen ist der sicherlich seltene Fall eines portugiesischen
Studenten an der Universität Jena, der Anfang des 20. Jahrhunderts in die 1851 gegründete Burschenschaft Agronomia Jenensis aufgenommen
wurde.
Pedro de Queiroz Gaivão, aus einer alten Adelsfamilie Nordportugals stammend, hat sich dabei auch dem Ritus der Mensur unterworfen und es bis zum Schriftführer (!) gebracht.
Pedro de Queiroz Gaivão, aus einer alten Adelsfamilie Nordportugals stammend, hat sich dabei auch dem Ritus der Mensur unterworfen und es bis zum Schriftführer (!) gebracht.
Über seine Erfahrungen des studentischen Lebens
von Damals legen seine auf Deutsch (!) geschriebenen Tagebücher beredtes
Zeugnis ab. Sie waren Untersuchungsgegenstand einer der ersten Masterarbeiten
des Studiengangs Deutsch-Portugiesische
Studien / Estudos Luso-Alemães an der Universidade do Minho, ausgeführt von
Paulo Miguel de Oliveira (Abschluss 2004). Daraus entstand eine spätere zweisprachige
Publikation, finanziert von der C.M. Arcos de Valdevez, wo das Stammhaus der
Familie steht.
Pedro de Queiroz Gaivão, Os
diários alemães 1897-1904. Die deutschen Tagebücher. Zweisprachige
Ausgabe von Paulo Miguel de Oliveira, Ed. Município Arcos de Valdevez 2006.
Eine erste kontextualisierende Vorstellung von
Pedro de Queiroz Gaivão erfolgte 2001 im Rahmen der 6. Deutsch-Portugiesischen Arbeitsgespräche an der Universidade do
Minho durch Prof. Armando B. Malheiro da Silva, der Nachlässe der Herrenhäuser (Casas Armoniadas) von Arcos de Valdevez
aufarbeitete und dabei auf diese bildungsgeschichtlich interessante Dokumente
stieß.
„Um estudante português no II Reich, 1897-1903. Apresentação de um Diário
escrito em alemão”, Portugal – Alemanha – Brasil. Actas do VI Encontro
Luso-Alemão / 6. Deutsch-Portugiesisches Arbeitsgespräch. (Eds.) Erwin
Koller, Orlando Grossegesse, Mário Matos und Armando Malheiro da Silva,
Braga : CEHUM (Col. Hespérides 14), vol. I.
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