Portugal im Chandos-Brief

Oft schmunzle ich über die portugiesischen Nachrichten im Fernsehen, wenn zu jedem Ereignis auf dem Erdball ein Portugiese aufgetrieben wird - tot oder lebendig. Doch da hatte ich unlängst eine ähnliche Erfahrung, als ich nach langer Zeit wieder mal den Chandos-Brief genau gelesen hatte und zu folgender Stelle kam:

Die hinterlassenen Aufzeichnungen meines Großvaters, des Herzogs von Exeter, über seine Negoziationen mit Frankreich und Portugal gaben mir eine Art von Grundlage. Und aus dem Sallust floß in jenen glücklichen belebten Tagen wie durch nie verstopfte Röhren die Erkenntnis der Form in mich herüber, jener tiefen wahren inneren Form, die jenseits des Geheges der rhetorischen Kunststücke erst geahnt werden kann, die, von welcher man nicht mehr sagen kann, daß sie das Stoffliche anordne, denn sie durchdringt es, sie hebt es auf und schafft Dichtung und Wahrheit zugleich, ein Widerspiel ewiger Kräfte, ein Ding, herrlich wie Musik und Algebra. Dies war mein Lieblingsplan.

Wenn der Brief 1603 an Francis Bacon geschrieben worden sein soll, dann kann der Grossvater des 26jährigen Lord Chandos, des jüngeren Sohns des Earl of Bath, unmöglich John Holland, der 2. Duque of Exeter, gewesen sein, der angeblich in zweiter Ehe 1439 Beatriz de Portugal (1386-1447), Bastardtochter von König João I und Inês Pires, geheiratet haben soll. Und auch nicht dessen Sohn Henry Holland (1430-75), der 3.Duque, der ja nur eine Tochter Anne Holland hatte. Es fehlen da noch über hundert Jahre. Von welchem Herzog von Exeter ist da wohl die Rede?

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