Eduardo Lourenço in Hamburg und Heidelberg

1993
fand in Hamburg der vierte Kongress der Associação Internacional de Lusitanistas (AIL) statt, vor allem dank der Initiative von Fátima Brauer-Figueiredo. Daran kann ich mich so genau erinnern, als ob es gestern gewesen wäre.

Unvergeßlich, dass ich Eduardo Lourenço als presidente da mesa hatte. Seine Worte für meinen Beitrag zur „propensão dialógica na obra queirosiana“ - schmeichelhaft. Indirektes Eigenlob beiseite, bleibt auch der Festakt denkwürdig, der Lourenços 70. Geburtstag an seinem einstigen ‚Arbeitsplatz’ als Lektor, den er 40 Jahre zuvor angetreten hatte, feierte: Eugénio Lisboa konnte nicht die trockenen Worte von Prof. Rainer Hess, des ersten Präsidenten des Deutschen Lusitanistenverbandes (DLV), der soeben aus der Taufe gehoben werden sollte, so im Hörsaal verhallen lassen: Er erhob sich unter den Zuschauern, trat ans Rednerpult und sagte, dass eine so zentrale Figur des portugiesischen Geisteslebens wie Eduardo Lourenço eine andere Präsentation verdiente. Die Klischees von deutscher Steifheit und portugiesischer Herzlichkeit wurden mal wieder bestätigt...

2003
schrieb José Carlos de Vasconcelos am Vorabend des 80.Geburtstages von Eduardo Lourenço an seinem Wohnort Vence eine Mischung aus Reportage und Interview (veröffentlicht in Visão). Den Text kann man auf der Webpage von Arlindo Correia unter der Rubrik Autores nachlesen. Dort heißt es:

1953

Lourenço vai, em 1953, para a Universidade de Hamburgo, como leitor: «Se alguma vez a palavra exílio, ou auto-exílio, teve um significado para mim foi nesse primeiro ano na Alemanha e numa terra onde às três ou quatro da tarde deixava de haver sol.» Em 1954, passa para Heidelberg, depois para Montpellier (…)


Auch wenn es ihm nach Montpellier (1956) im sonnigen Brasilien (Baia) besser gefällt («Estava fascinado, mas a situação em relação à Filosofia era decepcionante»), zieht es ihn wieder zurück nach Europa.

Hamburg: Kein Sonnenlicht mehr um drei Uhr Nachmittags. Das wird wohl nicht jeden Tag so gewesen sein. Doch fördert die Dunkelheit sicher die Lektüre der Philosophie. Frage: Gibt es denn keine Studie über diese knappen zwei Lehrjahre in deutschen Landen?

In Miguel Reals Studie von 2003 zu den Lehrjahren 1945 bis 1958 lassen sich für den aufmerksamen Leser Rückschlüsse ziehen in bezug auf den Beitrag deutscher Philosophie zur Entstehung des Tragischen und des «irrealismo histórico» als «definidor do ser português».

Real hebt hervor, dass bereits in Heterodoxia I (1949) neben der Kant-Lektüre die Kreuzung von Leibniz und Hegel die Genealogie von Lourenços Denkens prägte (51-52). Dabei wird der Einfluss der Studien von Joaquim de Carvalho (u.a.: „Leibniz e a cultura portuguesa“, 1949) in Erwägung gezogen.

Ausgespart bleibt hingegen eine Konkretisierung der Verbindung von Literatur und Philosophie, die Eduardo Lourenços Essayismus auszeichnet. So spürt Paulo Borges in seinem Beitrag zum Lourenço-Kongress von 2008 der Rezeptionsbeziehung Hölderlin / Heidegger in Hinblick auf die Definition der Saudade nach.

Miguel Real (2003), Eduardo Lourenço. Os anos da Formação 1945-1958, Lisboa: Imprensa Nacional – Casa da Moeda.

Paulo Borges (2008), „Do Labirinto da Saudade ao Fio de Ariadne do Instante“ (www.eduardolourenco.com/6_oradores/oradores_PDF/Paulo_Borges.pdf)

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