Gastarbeiter beim deutschen Film mit Folgen: Arthur Duarte

Der Schauspieler und Regisseur Arthur Duarte (Pseudonym von Arthur de Jesus Pinto Pacheco, 1895-1982) ist heutzutage nahezu vergessen – in Deutschland und Österreich, wo er von 1927-33 in über 40 Spielfilmen meist in Nebenrollen mitwirkte. In Portugal, wo er von 1938-77 fünfzehn Spielfilme drehte (daneben auch in Frankreich und Spanien) zählt er zu den Repräsentanten der sogenannten ‚Anos de Ouro‘ des portugiesischen Kinos der späten Dreißiger und Vierziger Jahre. Trotzdem ist der deutschsprachige Wikipedia-Eintrag weitaus kompletter als der portugiesische (dank der Hauptquelle Murtinheira / Metzeltin, 2010: 46-59).

Aus seinem Lebenslauf: nach zwei Jahren in Paris in ersten Nebenrollen (u.a. 1923 in O Primo Basílio von Georges Pallu) ging Duarte 1927 nach Berlin und wurde von der Ufa unter Vertrag genommen. Ein Einzelfall? Er mimte z.B. einen Strafgefangenen in Geschlecht in Fesseln von 1928, oder wirkte im berühmten Halbweltepos Asphalt von 1929 mit. Koinzidierend mit der Krise des Stummfilms, unter der auch seine Schauspielerei leidet (jetzt muss er wirklich gut Deutsch lernen! daher zunehmend Regieassistenz) kommt ihm eine wichtige transnationale Mittlerfunktion im Filmschaffen der Dreißiger Jahre zu. So empfängt er 1929 auch den Filmkritiker und -regisseur António Lopes Ribeiro (von Moskau her kommend, wo er u.a. Dziga Vertov kennengelernt hatte) in seiner Wahlheimat und führt ihn in die Studios der Ufa ein.


[Quelle: filmportal.de]

Im selben Jahr sollte Lopes Ribeiro eingeladen werden, bei der Komödie Fräulein Lausbub [unter dem portugiesischen Titel A Menina Endiabrada] (Regie Erich Schönfelder) die Dreharbeiten in Lissabon zu leiten. Die aus Polen stammende Dina Gralla spielt als Daisy die Hauptrolle (siehe Foto). Auch hier ist Arthur Duarte mit von der Partie in der Rolle des Rittmeisters Frank Neuhaus, begleitet von einem Stallbub Bob, gespielt von Max Nosseck. Diesen Namen des 1902 geborenen Schauspielers und Regisseurs wird man sich merken müssen, da er für die vielleicht wichtigste deutsch-portugiesischen Produktion der Dreißiger Jahre von zentraler Bedeutung ist: es handelt sich um den Film Gado Bravo (1933-34), der einen eigenen Blog-Eintrag verdient. Er ist sozusagen die Frucht, die durch Duartes Mittlerrolle und António Lopes Ribeiros ‚deutsche Lehrzeit‘ von 1929 vorbereitet wurde, koinzidierend mit dem beginnenden Exodus von Filmschaffenden aus dem Deutschen Reich Adolf Hitlers.

Arthur Duarte selbst sollte Jahrzehnte später 1971 in der Fernsehadaptierung Die Nacht von Lissabon nach dem berühmten gleichnamigen Roman Erich Maria Remarques von 1963 mitwirken.

Murtinheira, Alcides / Metzeltin, Igor (2010), Geschichte des portugiesischen Kinos. Wien, Praesens Verlag. 

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